Einen Van umbauen, ist wie Tetris spielen. Alles muss passen. Millimetergenau. Zum Wegklappen, Umbauen, Auffalten.…

Klingt einfach, oder? Ist es aber nicht immer. Denn gemeint ist natürlich nicht, sich über die Reiseroute, die Campingplatznachbarn oder den Zustand der Sanitäranlagen auszutauschen, sondern wirklich intensiv zu kommunizieren. Gerade wenn man über Monate hinweg 24 Stunden am Tag miteinander verbringt, neigt man dazu, sich nur noch über Belanglosigkeiten zu unterhalten – oder um der Harmonie willen Dinge, die einen stören, herunterzuschlucken.
Dabei ist es in dieser Situation besonders wichtig, auch Wünsche und gegenseitige Erwartungen zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden.
Genau das kommt im „normalen“ Alltag häufig zu kurz. Man rennt zwischen Arbeitsplatz und Haushalt hin und her, trifft sich mit Freunden, geht ins Kino oder ins Restaurant und rackert private Termine ab.
Auf Reisen hingegen wird man plötzlich komplett auf sich selbst und den Partner oder die Familie „zurückgeworfen“ – auf einmal hat man Zeit, sich miteinander zu beschäftigen, und ist viel stärker als zuhause aufeinander angewiesen.
Sachliche Gespräche helfen, Spannungen abzubauen und Störfaktoren (wie die berühmte falsch ausgedrückte Zahnpastatube) zu beseitigen. Dabei darf auch ruhig über die eigenen Marotten oder die des Partners gelacht werden – das funktioniert bei uns immer am besten!
Wir beide zählen zu den Menschen, die viel Zeit für sich brauchen. Wenn man jedoch auf wenigen Quadratmetern lebt, fällt es oft nicht leicht, sich eigene Räume zu schaffen und in Ruhe den Tätigkeiten nachzugehen, auf die man gerade Lust hat.
Wir haben dafür ein paar einfache, aber effektive Mechanismen entwickelt, die wir auch vorher abgesprochen haben, um Kränkungen zu vermeiden: Wenn sich einer von uns in die Schlafkoje verkriecht und den Vorhang zuzieht oder sich die Kopfhörer aufsetzt, um Musik oder Audio-Bücher zu hören, hat der andere erstmal „Sendepause“… 🙂 Wir sind mittlerweile lange genug zusammen, dass diese Technik auch ohne große Worte funktioniert.
Alternativ kann man den Partner natürlich auch ganz offen und ruhig um eine kleine „Pause“ bitten, wenn mann mal eine Auszeit voneinander braucht. Neben Lesen oder Musikhören wirken einsame Spaziergänge oder Radtouren wahre Wunder!
Bei uns ein Riesenthema und eigentlich der einzige echte Konfliktpunkt! Während Jalil ein wahrer Ordnungsfanatiker ist, der am liebsten alles feinsäuberlich in Kisten, Taschen und Ziplocs verpackt (selbstverständlich beschriftet!) und herumliegende Kleidungsstücke hasst wie die Pest, bin ich etwas lockerer unterwegs – suche mich dafür aber auch schon mal halb zu Tode, weil der Autoschlüssel mal wieder irgendwo gelandet ist, wo er nicht hingehört.
Dies hat zu Beginn unserer ersten großen Reise zu einer Reihe an unterschwelligen Konflikten geführt, die dann eines Tages durchgebrochen sind.
Das Leben auf reduziertem Raum bedeutet nicht, dass es keine Arbeit mehr gibt. Gerade im Camper sind viele Tätigkeiten „per Hand“ zu erledigen. Auch wenn es vielleicht altmodisch oder kleinlich klingt: Diese Jobs müssen aufgeteilt werden.
Hier geht es nicht darum, „männliche“ und „weibliche“ Arbeiten zu unterscheiden, sondern einfach nur, sich nicht gegenseitig im Weg herumzustehen, während andere Aufgaben liegen bleiben.
Folgende Zuständigkeiten sollten abgesprochen werden (später pendelt sich das ganz von selbst ein):
Wer viel unterwegs ist und sich ständig auf neue Situationen einstellen muss (was auch nicht immer nur toll und abenteuerlich ist), sollte versuchen, überflüssige Stressfaktoren auszuschalten oder zumindest zu lindern. Laute Stellplatznachbarn, extreme Hitze oder Kälte sowie eklige Sanitäranlagen hat man nicht unter Kontrolle – deshalb hilft es auch nicht, sich permanent darüber aufzuregen. Hier sind manchmal einfach Improvisationstalent und Toleranz gefragt.
Was man aber selbst steuern kann, ist zum Beispiel, sich auf langen Routen mit dem Fahren abzuwechseln, damit nicht einer ständig hochkonzentriert sein muss, während der andere entspannt auf dem Beifahrersitz rumlümmelt. Oder sich vor den Touren einigermaßen vorzubereiten, um lästige Irrfahrten durch andorranische Bergdörfer, das panische Kramen nach Kleingeld an der Mautstation (inklusive Hupkonzert der wartenden Autoschlange), die fehlenden Einreisepapiere für den Hund oder Heißhungerattacken vor einem gähnend leeren Kühlschrank zu vermeiden.
Falls ihr weitere Tipps für Paare auf Reisen habt, schreibt uns! Wir freuen uns über neue Anregungen, damit es auch bei uns möglichst ein Leben lang mit dem gemeinsamen Nomadenleben und der Harmonie klappt… 🙂
Foto: (c) CamperStyle
Vermutlich der einzige Mexikaner auf deutschen Campingplätzen. Wurde schon als Kind im väterlichen Bulli mit dem Campingvirus infiziert. Kann (fast) alles mit Multitool, Panzertape und Kabelbindern reparieren.
Lieblingsspots: Mexiko, Norwegen & Südspanien
Wir sind auch zu fünft unterwegs, wann immer die Schule der Kids es zulässt. Da kommt auch öfter die Frage aus unserem Freundes- und Bekanntenkreis, wie wir es denn zu fünft überhaupt so lange in einem Wohnmobil aushalten.
Deshalb musste ich schmunzeln, als ich euren Beitrag gelesen haben, denn wir „funktionieren“ nach ganz ähnlichem Prinzip. Das Miteinander sprechen ist bei uns in der Beziehung sowieso sehr wichtig. Zu dritt ist nunmal alles ein wenig anders, als in einer „normalen“ Beziehung 🙂
Ruhezone sind die Betten. Wer da drin liegt hat Pause. Punkt. Aber auch die Tätigkeiten, die sich einfach einpendeln und an die sich jeder automatisch hält, sind selbstredend. Klar, die Kinder können keine Markise ausfahren und das Wohnmobil ausrichten. Aber sie können schon ganz gut Plätze auskundschaften und wissen, worauf es ankommt.
LG Christa
Hi Christa, vielen Dank – nachdem mich ein paar Mails und Facebook-Kommentare erreicht hatten (auch von meinen Eltern, die sich über meinen „neuen Ordnungssinn“ gewundert hatten, den sie aus meinen Teenagertagen gar nicht kannten :-)), dachte ich, dass es vielleicht doch zu militärisch bei uns zugeht. Aber es beruhigt mich, dass auch andere sich offenbar etwas straffer organisieren. Klar geht es auch anders, aber dann steigt halt bei so unterschiedlichen Charakteren wie meinem Mann und mir das Konfliktpotenzial.
Ich habe gerade sehr fasziniert begonnen, deinen Blog zu lesen. Da werde ich mich heute Abend nochmal ein bisschen reinvertiefen. Was ich neben den Inhalten zu Reisen, Klettern und Camping wirklich spannend finde, ist das Lebensmodell, das ihr für euch gewählt habt. Es ist immer toll zu sehen, dass Menschen konventionelle Strukturen etwas aufbrechen und einen etwas anderen Weg beschreiten. Vielleicht lernen wir uns ja auf einer Messe oder bei anderer Gelegenheit irgendwann mal persönlich kennen, würde mich jedenfalls freuen. Bis dahin folge ich euch aber schon mal auf den Social Media Kanälen 🙂 Viele liebe Grüße, Nele.