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Green Caravaning: Nachhaltiges Reisen für die Zukunft mit AL-KO Vehicle Technology
Das Thema Nachhaltigkeit in Verbindung mit Elektro-Mobilität und umweltfreundlichem Fahren ist bereits seit einiger Zeit in aller Munde. Doch während es im Pkw-Sektor bereits eine ansehnliche Auswahl an Lösungen für Endkunden gibt, steckt diese Technologie bei Reisemobilen und Wohnwagen noch in den Kinderschuhen. Einer der Vorreiter ist hier die Firma AL-KO Vehicle Technology, die sowohl für Wohnwagen als auch für Wohnmobile bereits erste serienreife Systeme entwickelt hat.
Doch ein elektrisches Fahrwerk garantiert noch lange keine nachhaltige Reise und erst recht keine ausreichenden Reichweiten. Wir haben dazu ein Interview mit dem Entwicklungschef von AL-KO Vehicle Technology, Dr. Frank Sager, geführt und ihn gefragt, worauf es sonst noch ankommt.
CamperStyle: Ihr Konzept „Green Caravaning” umfasst ja viel mehr als die reine Chassis-Elektrifizierung. Bevor wir in die Details gehen – können Sie einmal in Stichpunkten umreißen, welche Ansatzpunkte Sie hier verfolgen?
Dr. Frank Sager: Es geht uns bei Green Caravaning darum, die umweltfreundliche Urlaubsform Caravaning vom CO2-Fußabdruck her weiter zu optimieren. Wir zeigen dabei die wesentlichen Stellschrauben auf, die Dinge, an denen mein R&D Team arbeitet. Die Elektrifizierung von Wohnmobil- und auch Wohnwagen-Fahrwerken hattet Ihr ja schon genannt – die ist vor dem Hintergrund des Klimaschutzes und immer strengerer Abgasnormen natürlich ein wichtiger Baustein unseres Gesamtkonzepts. Doch damit ist es aus unserer Sicht nicht getan. Denn beim Thema E-Mobilität sind ja insbesondere das Zusatzgewicht des Systems sowie die geringen Reichweiten eine Hürde, gerade in puncto Urlaubsreisen. Es geht uns darum, praxisgerechte Lösungen zu entwickeln, die zu marktfähigen Preisen bei minimalem Gewicht eine akzeptable Reichweite ermöglichen.
Deshalb setzen wir zusätzlich auf Faktoren, die dort positiv einwirken. Hier spielen insbesondere das Gewicht sowie die Aerodynamik der Fahrzeuge eine entscheidende Rolle. Für Wohnwagen haben wir das Leichtbauchassis VarioX und für Wohnmobile das AMC- sowie das neue Super-Tiefrahmenchassis STC entwickelt, die jeweils nicht nur erheblich gewichtsreduziert sind, sondern mit denen durch optimierte Aufbauten auch der Luftwiderstand verringert wird.
Und zu guter Letzt wollen wir durch unsere Werkstoffe und Lieferketten den CO2-Abdruck maßgeblich verringern, um schon die Produktion nachhaltiger zu gestalten.

CamperStyle: Dann schauen wir uns vielleicht mal die konkreten Systeme etwas näher an. Für Wohnwagen gibt es aktuell zwei Lösungen aus Ihrem Hause, die unterschiedlich ausgelegt sind – das VarioX mit seiner auch optisch sehr spannenden Leichtbauweise und die Green Trailer Platform mit einem elektrischen Antrieb zur aktiven Unterstützung des Zugfahrzeugs. Was zeichnet diese beiden Systeme jeweils aus?
Dr. Frank Sager: Zunächst einmal sind beide auf eine Reichweitenerhöhung ausgerichtet. Bei einem Elektro-Auto als Zugfahrzeug kann die Reichweite im Wohnwagenbetrieb nämlich von durchschnittlich ca. 500 Kilometern durchaus auf nur 250 Kilometer sinken.
Die Green Trailer Platform besitzt einen eigenen 48-Volt-Antrieb, der dafür sorgt, dass das Zugfahrzeug weniger Energie aufbringen muss, also – wie Sie schon sagten – eine aktive Unterstützung leistet. Durch die Rekuperation der Brems- und Schubenergie wird die Batterie des Zugfahrzeugs entlastet. Zusätzlich steht ein leistungsfähiger Rangierantrieb zur Verfügung. Sowohl elektrische Zugfahrzeuge als auch Zugfahrzeuge mit Verbrennermotor profitieren durch eine Reduzierung des Energieverbrauchs. Und damit von steigender Reichweite. Zusätzlich ermöglicht diese Plattform weitere Funktionalitäten, die das Camperleben einfacher und komfortabler gestalten: zum Beispiel Kameras für eine intelligente Umfeldsensorik zum leichteren Einparken und Manövrieren, eine sensorgesteuerte Gespannstabilisierung, elektrische Wegfahrsperren oder ein GPS-Ortungssystem. Elektrische Geräte an Bord könnten autark betrieben werden.

Beim VarioX haben wir keinen Elektroantrieb integriert, durch seine absolut neuartige Bauweise können wir jedoch bis zu 30% oder anders gesagt bis zu 35kg an Gewicht einsparen.
CamperStyle: Da muss ich mal kurz einhaken – was genau heißt „neuartige Bauweise“?
Dr. Frank Sager: Basierend auf sehr genauen Analysen der im realen Betrieb auftretenden Belastungen, und mit dem Ziel, den bewährten, sehr gut wiederverwendbaren Werkstoff Stahl beizubehalten, haben wir ein gewichtsoptimiertes Chassis entwickelt.
Entstanden ist daraus ein ausgeklügeltes bionisches Konstrukt aus Stahl, das durch gezielte, speziell berechnete Aussparungen sowie eine Verkürzung im hinteren Bereich eine Gewichtsreduzierung von 25% oder mehr ermöglicht.
CamperStyle: Das hört sich erstmal gut an, denn bei Campingfahrzeugen zählt ja bekanntlich jedes Kilo. Aber gleichzeitig müssen die Chassis viel Gewicht tragen und auch eine gewisse Festigkeit aufweisen. Bringt diese neue Konstruktion da keine Einbußen mit sich?
Dr. Frank Sager: Nein, und genau das ist das Spannende an diesem neuen Ansatz. Das Chassis steht in puncto Belastbarkeit und Steifigkeit den bisherigen Modellen in nichts nach, das haben viele Testkilometer auf sehr anspruchsvollen Strecken auf dem Testgelände, die in drei Jahren absolviert wurden, eindeutig bewiesen. Das Produkt ist schon seit einiger Zeit serienreif und wurde nun vom Hersteller Adria für eine Modellreihe übernommen.

CamperStyle: Sie hatten vorhin das Thema Aerodynamik erwähnt. Inwiefern leisten die Chassis hier einen Beitrag?
Dr. Frank Sager: Unsere Chassis für Wohnmobile bauen deutlich niedriger als die vergleichbaren Originalchassis. Mit unserem neuen Premium-Chassis gehen wir nochmals bis zu 90 mm tiefer. Damit reduziert sich die Querschnittsfläche des gesamten Fahrzeugs, die entscheidenden Einfluss auf den Luftwiderstand hat. Hier ist in der Zukunft noch mehr Potenzial, wenn wir gemeinsam mit den Aufbauherstellern am cw-Wert arbeiten, also die Form optimieren, Verwirbelungen reduzieren und Abreißkanten einbauen.
CamperStyle: Das STC für Reisemobile ist ein Tiefrahmenchassis. Was bedeutet das genau?
Dr. Frank Sager: Im Vergleich zum originalen Wohnmobil-Chassis des meistverbreiteten Basisfahrzeugherstellers liegt bereits unser AMC-Chassis 19 bis 22 cm niedriger. Beim STC wird das nochmal getoppt, es ist weitere 9 cm tiefer gebaut. Insgesamt kommen wir damit also auf 28 bis 31 cm weniger als beim Original-Chassis.
Neben der verbesserten Aerodynamik durch die geringere Fahrzeuggesamthöhe und Fahrzeugfrontfläche liegt das Wohnmobil dank des niedrigeren Schwerpunkts stabiler auf der Straße und der Einstieg ist deutlich komfortabler. Alternativ kann ein Doppelboden eingesetzt werden, der für mehr Stauraum und eine verbesserte Wintertauglichkeit sorgt.
CamperStyle: Für alle Chassis, auch das Leichtbau-VarioX, wurde Stahl verwendet – eigentlich ja ein schweres Material. Warum?
Dr. Frank Sager: Wir haben gerade bei der Entwicklung des VarioX sämtliche Werkstoffe nochmal eingehend unter die Lupe genommen. Auch Aluminium und Faserverbund-Werkstoffe waren zeitweise in der Diskussion. Schlussendlich haben die Analysen ergeben, dass Stahl in der Gesamtschau die mit Abstand beste CO2-Bilanz besitzt. Denn es ist in der Produktion nachhaltig und lässt sich komplett recyclen. Auch die Dauerhaltbarkeit von Faserverbundwerkstoffen im Chassisbereich sehen wir als große Herausforderung. Schließlich sollen sich unsere Kunden auf unser Chassis über Jahrzehnte verlassen können: Quality for Life!
CamperStyle: Zu guter Letzt möchte ich nochmal auf das Thema Elektrifizierung bei Reisemobilplattformen zurückkommen. Hier hatten Sie 2019 das Hybrid Power Chassis vorgestellt, das mit einer elektrifizierten Hinterachse ausgestattet war und sowohl in Kombination mit dem Verbrennermotor als auch rein elektrisch betrieben werden kann. Unserer Meinung nach war das ein guter Ansatz, um sowohl das kürzere vollelektrische Fahrten, z.B. in Umweltzonen und Naturschutzgebieten, als auch lange, unterbrechungsfreie Strecken zu entfernten Reisezielen zu ermöglichen. Wie ist da der Sachstand?
Dr. Frank Sager: Das Hybrid Power Chassis ist inzwischen in fahrenden Prototypen installiert und wird von uns gemeinsam mit unserem Partner Huber Automotive weiterentwickelt. Aktuell ist die zuschaltbare elektrifizierte Hinterachse für eine Peak-Leistung von 124 kW ausgelegt, die Batteriekapazität für eine vollelektrische Reichweite von 60 bis 100 Kilometer. Wir gehen davon aus, dass wir in absehbarer Zeit, unter anderem durch die technologischen Fortschritte im Batteriebereich, hier eine noch höhere vollelektrische Reichweite erzielen können.
CamperStyle: Vielen Dank für dieses interessante Gespräch – wir sind gespannt, was sich in den kommenden Jahren da so alles tun wird!

Bilder:
Fahrzeuggrafiken: © AL-KO Vehicle Technology
Foto Dr. Frank Sager: © CamperStyle

Träumte seit ihrer Kindheit von einem Leben auf Rädern. Tourt jetzt mit Mann und Hund ganzjährig im Wohnwagen durch Europa.
Lieblingsspots: Andalusien, Baskenland & Mexiko.
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