Camping auf dem Bauernhof ist vielerorts in Deutschland wie auch Europa möglich - sei es…

Einsame Herzen auf dem Stellplatz oder wie es zu Phantom-Touristen kommt
Unser lieber Kollege Henning, seines Zeichens Blogger, Wohnmobilbewohner, Facebookgruppen-Aufmischer und bekennender Sarkastiker, wirft in unserer neuen Kolumne einen Blick auf Themen, die die Camperwelt bewegen.
Mit einem Augenzwinkern und dem einen oder anderen bissigen Kommentar analysiert er die oftmals hitzigen Social-Media-Diskussionen rund um Thermomix, Camperhunde, Dickschiffe, Grußverweigerer und Kuschelcamper. Viel Spaß beim Lesen und Bühne frei für Henning!
Wohnmobilreisende treten immer mindestens paarweise auf. Das ist fast ein unumstößliches Naturgesetz. Ausnahme von diesem Gesetz bin zum Beispiel ich und tausende andere, die, aus welchen Gründen auch immer, allein herumreisen und dabei glücklich und zufrieden sind.
In Foren und Gruppen führt die gefühlte Gesetzmäßigkeit des paarweisen Auftritts auch schon mal dazu, dass ich im „Pluralis Majestatis“ angesprochen werde, also „Wo seid Ihr gerade?“ Die Ansprache in der zweiten Person Plural ist sonst nur Herrschern oder eben Paaren vorbehalten. Da ich, auch mangels Persönlichkeitsspaltung, mich nicht als Paar sehe, bleibt nur die Annahme, der Fragende hält mich für eine besonders hochgestellte Persönlichkeit. Statt also wie gewünscht zu antworten, sehe ich mich zuerst genötigt, ihn oder sie auf meine Singularität hinzuweisen, gefolgt von der Bitte, sich verbal vom Kniefall zu erheben.
Da spielen sicher auch Unterschiede in der Wahrnehmung eine Rolle. Der Fragesteller war sich sicher, ein Paar vor sich zu haben, ich dagegen fühle mich durch die Ansprache in den Stand eines feudalen Alleinherrschers erhoben, der ich nie sein wollte. Das wäre mir viel zu anstrengend mit all den Untertanen, die dauernd irgendwas wollen. Dazu kommt das Gezänk mit den ebenfalls feudalen Nachbarn, Nein Danke, ohne mich!
Doch das ist tief verwurzelt, ähnlich wie bei italienischen Kellnern, die bisher jedes Mal, auch wenn ich ganz offensichtlich allein vor ihnen stehe und um einen Platz im Gourmet-Tempel nachsuche, extra nachfragen „Solo?“ Auf meine Antwort „Si solo“, bekomme ich einen Katzentisch irgendwo neben der Eingangstür oder dem Klo und meine Tischausstattung wird in Windeseile auf das Nötigste für eine Person reduziert. Vielleicht sollte ich da mal schwindeln. Doch was wird aus mir, wenn die erwartete zweite Person nie erscheint?
Auch deutsche Stellplatzbetreiber haben es mitunter schwer eine Ausnahme von der Paar-Regel zu erkennen. Bei der Anmeldung auf einem Stellplatz, ich glaube es war Bodenwerder an der Weser, hat die Angestellte eine Art Meldeschein für mich ausgefüllt. Gewohnheitsmäßig hat sie, obwohl ich allein vor ihr stand und auch darauf hingewiesen habe, allein zu sein, überall zwei Personen eingetragen. Ich konnte es gerade noch vermeiden für meine nicht existente Ehefrau auch die Kurtaxe zu entrichten. Aber in der Tourismus-Statistik der alten Weserstadt gibt es jetzt mindestens ein Phantom.
Der Einzelreisende auf Stellplätzen zahlt sowieso schon für eine zweite, nicht anwesende Person, denn in den meisten Portalen wird der Preis für zwei Personen angegeben und ich habe auf einem Stellplatz noch nie einen Parkscheinautomaten gesehen, der die Personenzahl abfragt. So kann mancher Campingplatz für Einzelreisende günstiger sein, als ein Stellplatz.
Manche der Einzelreisenden möchten auch, sei es aus ökonomischen oder anderen Gründen, dem Zustand ein Ende bereiten. Statt dafür die einschlägigen Seiten zu nutzen, probieren es manche in den Campergruppen. Dabei beobachte ich immer wieder folgendes Muster:
Fragt ein Mann nach weiblicher Gesellschaft, wünschen ihm überwiegend Frauen viel Glück für die Suche. Ich vermute ja, dass die ihm das auch deshalb wünschen, um nicht selbst gefunden zu werden. Den Griffel ganz still zu halten, war ihnen aber auch nicht möglich.
Sucht eine Frau nach Gesellschaft, verliert der männliche Teil des Forums oder der Gruppe zum Teil jegliche Selbstachtung und preist sich und seine Vorzüge schamlos an. Da können mir manche meiner Geschlechtsgenossen durchaus peinlich werden. Von den Dramen im Hintergrund bekommt man da kaum etwas mit. Wahrscheinlich hängt bei manchen der Online-Casanovas auch der Haussegen schief, weil deren bessere Hälfte dieses Engagement so gar nicht schätzt.
Auch alleinreisende Frauen mit Wohnmobil und ganz ohne blinkende Herzchen im Fenster berichten immer wieder von Stutenbissigkeit der Nachbarinnen, die ihre Männer angesichts der Gelegenheit jetzt noch besser bewachen. Aber das kenne ich tatsächlich nur vom Hörensagen. Der umgekehrte Fall, also die unter verschärfter Bewachung des eifersüchtigen Ehemanns stehende Nachbarin, ist mir noch nicht aufgefallen, liegt dann aber sicher auch an mir …
Dies ist der Box-Titel
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Titelfoto: simbiothy | Depositphotos.com

Fährt seit 1992 mit Wohnmobilen in der Gegend herum. Zuerst im VW-Bus, dann im Sprinter-Kastenwagen und seit Sommer 2013 lebt er Vollzeit im Alkovenmobil.
Reisen, noch als braver Angestellter mit sechs Wochen Jahresurlaub, führten von Island bis zur Krim und vom Nordkap bis Gibraltar. Seit ein paar Jahren ist es mit dem Nine-to-Five-Brotjob vorbei und er tingelt als Privatier durch die Lande. Im Sommer in Deutschland, im Winter gerne auch mal in Italien und Portugal.
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