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Wohnmobil auf Weltreise

Campergespräch: Mit dem eigenen Wohnmobil auf Weltreise

Hildegard und Peter Grünthaler haben das getan, wovon viele von uns nur zu träumen wagen: Sie waren über viele Jahre hinweg mit dem Wohnmobil in der Welt unterwegs, von Australien bis Mexiko, und haben ihre Erlebnisse, Erfahrungen und Tipps auf ihrem Blog wohnmobil-weltreise.de und in zwei Büchern dokumentiert. Wir durften die beiden interviewen und sind bei diesen Schilderungen und Bildern schon wieder voller Fernweh…

Wie lange wart ihr insgesamt mit dem Wohnmobil unterwegs?

Peter: Oh, da muss ich glatt nachrechnen: Während unserer ersten großen Reise durch Nordamerika, Australien und Neuseeland waren wir drei Jahre in Übersee unterwegs und anschließend noch 1 ½ Jahre in Europa. Unter anderem verbrachten wir den Winter in Spanien und Portugal. Unser Haus war damals noch vermietet. Später verkauften wir das Haus und zogen in eine Eigentumswohnung.

Es folgte ein weiteres ganzes Jahr Nordamerika mit Hund.

Außerdem kurvten wir noch einmal ca. 1 ½ Jahre am Stück kreuz und quer in Deutschland und Europa herum. Wir hatten damals die Eigentumswohnung, in der wir uns absolut unwohl gefühlt hatten verkauft, konnten aber die neue, die wir jetzt bewohnen und in der wir uns sehr wohlfühlen, noch nicht beziehen.

Auch zwischendurch zogen wir immer wieder in Europa herum. Meist waren das Reisen von mehreren Monaten, darunter einige Spanienwinter. Insgesamt waren wir mindestens acht bis neun Jahre im Wohnmobil unterwegs.

Wo hat es euch überall hinverschlagen?

Hildegard: Sehr viel Zeit verbrachten wir in Nordamerika. In den USA, Kanada, Alaska und in der mexikanischen Baja California. Neuseeland konnten wir ein halbes Jahr lang bereisen und mit allen Sinnen genießen. Australien mit Tasmanien erkundeten wir in 12 Monaten. In Europa trieben wir uns hauptsächlich in Griechenland herum, in Italien, Spanien und Portugal, in Kroatien und Slowenien und immer wieder in Frankreich. Auch unser schönes Deutschland lernten wir zu schätzen. Außerdem brachen wir eine wesentlich größer geplante Norwegenreise kurz vor Trondheim ab.

Peter: Es war die erste längere Tour mit unserer Groenendael-Hündin Eyleen. Wir hatten damals noch unser Bimobil auf dem Mercedes 410 D. Dem Benz war zwar keine Straße zu schlecht, keine Steigung zu steil, aber er machte einen Höllenlärm dabei, schaukelte mit weicher Federung durch die Kurven, rumpelte auf seinen kleinen Rädern durch die Schlaglöcher. Durch Dänemark und Schweden schlug sich unser Hund noch tapfer, aber kaum dass in Norwegen die Straßen steil, kurvig und mitunter auch recht schlecht wurden, saß Eyleen hechelnd, zitternd und jammernd unter dem Tisch, kam nach vorne, sabberte die Schaltung voll, marschierte zurück, ums Tischbein rum, kam wieder vor, sabberte die Schaltung voll … Morgens nach dem Spaziergang wollte sie nicht mehr ins Wohnmobil. Dass es außerdem ständig geregnet hat, machte die Sache nicht besser. Wir drehten kurzentschlossen um und verkauften kurze Zeit später das Wohnmobil, mit dem wir so weit gereist waren und so viel erlebt hatten.

Wir hielten es dann einige Monate ohne Wohnmobil aus, diskutierten über ein Wohnwagengespann als Alternative, aber nicht lange danach stand ein neues Wohnmobil vor der Tür.

Warum mit dem Womo?

Peter: Zum Einen waren wir ja schon vorher Camper. Unsere Urlaube verbrachten wir in insgesamt drei Wohnwagen meist im damaligen Jugoslawien und Holland, aber auch in Italien und Dänemark. Da war der Sprung zum Wohnmobil zwar einerseits nicht mehr so groß und auch sehr logisch – trotzdem war andererseits der Beginn unseres Nomadenlebens nicht auf den Straßen der Welt, sondern auf den Weltmeeren angedacht.

Hildegard: In den 80er Jahren strahlte das Fernsehen eine mehrteilige Reisedoku über eine Familie aus, die mit vier Kindern und einem Lehrer in einer Yacht die Welt umsegelte. Da machte es bei Peter, der schon immer Fernweh hatte, laut und deutlich »Klick«. Er wollte endlich mehr sehen von der Welt als nur Holland und Jugoslawien. Wir lernten navigieren und segeln, charterten ein paarmal eine Yacht – bis ich sagte: »Weltumsegeln – nicht mit mir!« Außerdem fand mein Mann meine Ansicht, dass man von der Welt wesentlich mehr sieht, wenn man Räder und Asphalt unter sich hat, als immer nur Wasser, doch recht logisch. Auf diese Weise wurde aus der imaginären Segelyacht einige Jahre später ein reales Wohnmobil.

Übrigens trafen wir in Neuseeland einen Weltumsegler, der sich dort vor Ort für viel Geld ein kleines Wohnmobil gemietet hatte, um vom Land etwas mehr zu sehen als nur die Häfen. Er erklärte uns unumwunden: »Ihr habt die bessere Entscheidung getroffen!«

Hattet ihr überall das eigene Wohnmobil dabei?

Peter: Bevor wir das Nomadenleben zu unserem Lebensinhalt machten, hatten wir zwei Mal für mehrwöchige Urlaubsreisen ein Wohnmobil gemietet. Das Mietmobil für drei Wochen Neuseeland war das erste Mal überhaupt, dass wir im Wohnmobil unterwegs waren. Das Mobil, bzw. das schlecht gewartete Basisfahrzeug von Toyota erwies sich als echte Krücke. Das zweite Mal mieteten wir für einen knapp fünfwöchigen Urlaub im südlichen Afrika einen winzigen Camper mit dem wir eine 10.000-km-Runde über Südafrika, Namibia, den Caprivistreifen und Zimbabwe drehten. Die Erfahrungen flossen natürlich in die Entscheidung für das erste eigene Wohnmobil ein.

Von da an waren wir ausschließlich im eigenen Wohnmobil unterwegs, das heißt, wir haben das erste Mobil von Bremerhaven nach Baltimore verschifft, weiter von Long Beach bei Los Angeles nach Auckland, Neuseeland und von dort weiter nach Sydney. Von Brisbane schipperte es schließlich zurück nach Antwerpen, während wir stets den Flieger nahmen. Auch für die zweite Nordamerikareise verschifften wir ein eigenes Wohnmobil. Diesmal nach Halifax und von dort auch wieder zurück. Bei unseren Griechenlandreisen genossen wir Camping an Bord, was für uns ein völlig neues Wohnmobilgefühl war.

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Wie lange habt ihr diese Reisen inkl. Verschiffung etc. im Voraus geplant?

Hildegard: Die Planung für die erste große Reise nach Amerika, Neuseeland und Australien zog sich im Grunde über mehrere Jahre hin. Wir schwankten zwischen zwei Optionen: Jeweils vor Ort ein geeignetes Mobil kaufen und dann wieder verkaufen, oder hier ein geeignetes Mobil autark ausstatten und verschiffen. Auf der Suche nach dem richtigen Rolling Home durchforsteten wir sämtliche Messen. Nach einer wüsten Schlammschlacht auf der Transitstrecke durch Botswanas Chobe Nationalpark dachten wir nämlich zuerst, es müsse unbedingt ein Allradmobil sein. Es gibt ja diverse Aufsetzkabinen für japanische Pickups. Letztendlich sind dies aber überlastete, schaukelnde Türme. Ein echtes Expiditionsmobil hätte den finanziellen Rahmen gesprengt, außerdem wollten wir ja nicht wirklich offroad fahren. Dann entdeckten wir auf einer Messe ein Gefährt, das unsere Herzen höher schlagen ließ: Einen wuchtigen Dodge Ram mit Allradantrieb, unter der Motorhaube den legendären Cummins-Diesel, zwillingsbereift, mit einer kanadischen Bigfoot-Wohnkabine huckepack. Wir nahmen Kontakt zu diversen amerikanischen und kanadischen Dodge-Händlern und zu Bigfoot auf und waren kurz davor, zu ordern, denn diese Kombination wollten wir vor Ort übernehmen und weiterverschiffen.

Doch dann entdeckte Peter in einer Wohnmobilzeitschrift eine Kleinanzeige: Bimobil Sonderaufbau auf Mercedes 410 D. Die Verhandlungen mit dem Verkäufer zogen sich. Er wollte für sein Bimobil wesentlich mehr, als uns die Dodge-Kombination neu gekostet hätte. Schließlich fuhr der Verkäufer damit noch einmal in den Urlaub. Bis unser künftiges rollendes Zuhause dann vor unserer Tür stand, war die Verschiffung schon gebucht. Auf dem Weg nach Bremerhaven übernachteten wir darin das erste Mal. Zur Nachahmung empfohlen ist das nicht wirklich!

Der Endspurt für die Reise dauerte ungefähr 6 Monate. Der größte Schritt war die Kündigung des Jobs. Während Peters 6-monatiger Kündigungsfrist mussten wir unsere Möbel verkaufen, viele persönliche Dinge einlagern und geeignete Mieter für unser Haus finden, die zuverlässig unsere Reise mitfinanzieren sollten.

Peter: Die Schlussplanung für die einjährige Amerikareise, belief sich nur noch auf wenige Monate. Zum einen, weil wir schon Erfahrung hatten, zum anderen, weil wir die Verschiffung nicht selbst managten, sondern über die Fa. SeaBridge buchten, die sich auf Wohnmobilverschiffungen spezialisiert hat. Außerdem mussten wir kein Haus vermieten, sondern sperrten einfach die Wohnung zu.

Weil wir inzwischen einen Hund hatten, mussten wir eine Hundebox kaufen, den Tierarzt aufsuchen usw.

Außerdem hatten wir seit 1 ½ Jahren ein neues Wohnmobil. Einen Laika Kreos auf Iveco, mit dem wir bereits in Spanien überwintert hatten. Bevor wir dieses Mobil gekauft hatten, stand jedoch wieder die Überlegung im Raum, vor Ort ein kanadisches oder amerikanisches Mobil zu kaufen. Letztendlich entschied ich aber: »Mit solch einem Spritsäufer fahr ich nicht rum.« Außerdem wollten wir ja auch in Europa mobil sein.

Wie sah euer Alltag auf Reisen aus?

Hildegard: Wie diese Frage schon andeutet, auch das Reisen wird zum Alltag, über dem man mitunter vergisst, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie schön man es doch hat, dass man sein Leben auf diese Weise genießen darf. Dass man täglich die schönsten Orte und Naturwunder sehen und erleben kann. Aber man muss natürlich auch einkaufen, kochen, Waschsalons aufsuchen, das Wohnmobil sauber halten usw.. Außerdem begann ich nach einigen Monaten damit, regelmäßig Brot zu backen um den labberigen, amerikanischen Weißbrotscheiben zu entgehen. Das, was in Neuseeland und Australien als Brot verkauft wird, ist nicht besser. Wir kauften uns den relativ primitiven Faltbackofen von Coleman, der auf die Gasflamme gestellt, erstaunlich gut bäckt. Im Laika hatten wir dann einen richtigen Backofen.

Peter: Natürlich musste auch immer die Route für die nächsten Tage geplant werden. Jeden Tag genau festlegen, wie wir das für unsere Urlaubsreisen gemacht hatten, ist für eine längere Reise nicht möglich. Für Langzeitreisen reicht eine Grobplanung, die sich nach den Jahreszeiten richtet.

Zu unserem Alltag gehörte natürlich auch, Übernachtungsplätze und möglichst preiswerte oder kostenlose Campgrounds zu suchen. Einfach den nächstgelegnen RV-Park oder Campingplatz aufsuchen, kann auf die Dauer ganz schön ins Geld gehen.

Reist man mit Hund, gehören natürlich ausgiebige Gassirunden dazu, die den Tagesablauf unterbrechen. In Kanada ließen wir uns von der jeweiligen Touristeninformation die Freilaufflächen für Hunde sagen. Meist konnten wir dort auch gut übernachten. Um uns fit zu halten, gehörten mehr oder weniger konsequent Yoga und Dehnungsübungen zu unseren Reisealltag dazu. Anfangs mussten wir uns zwar überwinden, vor dem Wohnmobil herumzuturnen, aber Amerikaner sind tolerante Menschen und sehr bald dachten wir uns nichts mehr dabei, wenn wir unsere Gymnastikmatten vor dem Wohnmobil ausrollten. Das Einzige, was uns mitunter davon abhielt, war und ist es noch heute – unser »innerer Schweinehund«, der mal zu müde, oft zu faul, aber nie um Ausreden verlegen ist.

Konntet ihr auf der Reise Kontakte zu Einheimischen knüpfen?

Hildegard: Ja natürlich. Das ist das Schöne, wenn man mit Zeit und auch abseits der »Rennstrecken« unterwegs ist. Wir lernten zum Beispiel eine interessante Amish-Familie kennen, trafen Indianer und Mormonen und machten in Utah die Bekanntschaft des pensionierten Detektivs, der einst Sharon Tates Mörder Charles Manson dingfest gemacht hatte. Es war auch interessant, amerikanische „Snowbirds“ aus allen Schichten kennenzulernen, vom Hobo in einer alten Klapperkiste bis zum reichen Pensionär im riesigen Fifthwheeler. Ganz generell sind Amerikaner und Kanadier nicht nur sehr kontaktfreudig, sondern auch sehr hilfsbereit.

Peter: Auch unser deutsches Nummernschild trug dazu bei, dass wir oft von Einheimischen angesprochen wurden. Oft auch von ehemaligen GIs, die davon schwärmten, wie gut es ihnen in Deutschland gefallen hat.

Als wir in Neuseeland für drei Wochen das Mietmobil übernahmen, drückte uns der Vermieter zwei Landkarten in die Hand, auf denen sämtliche kommerziellen Campingplätze verzeichnet waren. Die liefen wir am Abend an, wo wir dann hauptsächlich auf andere Touristen trafen. Im eigenen Mobil mit sechs Monaten Zeit übernachteten wir mal an kleinen Häfen oder Domains, hatten Zeit für einen Tratsch mit den Fischern, oder lernten an den abgelegenen Camps des Department of Conservation einheimische Camper oder auch Maoris kennen.

Auch in Australien machten wir interessante Bekanntschaften, wie z.B. das Schafschererehepaar, das uns zur Schur der Lämmer einlud, oder den Aborigine und bekannten Didgeridoo-King David Hudson.


Welchen Herausforderungen musstet ihr euch stellen?

Hildegard: Die vielen Plattfüße des Mercedes gehören da auf jeden Fall dazu. Wir wollten ursprünglich mit neuen Reifen starten, aber der Händler meinte, es wäre rausgeschmissenes Geld, die guten Contis auszutauschen. Als sich in den USA ein Reifen nach dem anderen verabschiedete, konnten wir stets nur Yokohamas auftreiben. Erst als wir in Neuseeland auf Bridgestone umstiegen, hatten wir Ruhe und meisterten auch Australien ohne Plattfuß.

Auch dass unser Basisfahrzeug überall relativ unbekannt war, sorgte mitunter für Aufregungen. Ein in Arizona angenagtes ABS-Kabel konnten wir erst in Neuseeland reparieren lassen. Der Wechsel der Bremsflüssigkeit verlangte jedes Mal starke Nerven. Entweder machte die Werkstatt es falsch, wie in Arizona, oder die Mechaniker mühten sich in Neuseeland einen ganzen Nachmittag damit ab, die Luft aus den Bremsleitungen zu kriegen. Bis wir nach einem nächtlichen Anruf in Deutschland die Lösung präsentierten: Unser linksgesteuertes Fahrzeug hatte den Hauptbremszylinder auf der anderen Seite.

Mit unserem Iveco waren wir in Nordamerika 40.000 km unterwegs – ohne Plattfuß, ohne Ärger, ohne Werkstattbesuch.

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Welche Momente habt ihr als besonders erfüllend empfunden?

Peter: Natürlich besuchten wir die großen Highlights, bei deren Anblick es einem schier die Sprache verschlägt: den Grand Canyon, den Brice Canyon, den Crater Lake usw. Aber das, was uns am meisten erfüllte, stets in Erinnerung geblieben ist und wonach wir uns immer wieder zurücksehnen, sind ohne Zweifel die einsamen Highways durch die unberührte Weite und Einsamkeit des Nordens. Die Fahrt über die 737 km des ungeteerten Dempster Highways bis nach Inuvik in den kanadischen Northwest Territories, der Top of the World und Taylor Highway von Dawson City im kanadischen Yukon Territory bis Alaska oder der Cassiar Highway im nordwestlichen British Columbia – das waren für uns die eindrücklichsten Erlebnisse.

Hildegard: Und natürlich hat uns in Australien auch der Uluru (Ayers Rock), den wir selbstverständlich nicht bestiegen, sondern umrundeten, tief beeindruckt. Aber die einsame Wanderung durchs Valley of the Winds zwischen den rostroten Felskuppeln der Kata Tjuta (Olgas), ließ uns fühlen, warum sie den Aborigines heilig sind. Keine von Menschenhand erbaute Kathedrale kann solch ein erhebendes Gefühl hervorrufen.

Gab es auch mal Pannen, blöde Erlebnisse oder Momente, in denen ihr am liebsten wieder auf dem schnellsten Weg nach Hause gefahren wärt?

Hildegard: Ja, die gab es auch. Als wir das Bimobil übernahmen, hatte der Vorbesitzer den Motorraum des lauten Fahrzeugs, der im alten 410er ja nach innen ging, komplett mit schalldämpfendem Isoliermaterial ausgestopft. Es war ziemlich zu Beginn unserer Reise. Wir waren im heißen Arizona unterwegs, auf einem der endlos langen Anstiege. Ich fuhr, mokierte, dass das Auto nicht zieht und mein Mann meinte, ich müsse halt mehr Gas geben. Plötzlich merkten wir, dass es unter der Motorhaube qualmte. Peter griff zum Feuerlöscher und dachte anschließend, alles wäre wieder okay. Aber hinter uns hatte glücklicherweise ein Amerikaner gehalten. Ehe wir uns versahen, hatte der die innere Motorhaube aufgerissen, die noch immer kokelnde zusätzliche Schall-Isolierung herausgeworfen und mit etlichen Flaschen Wasser den Spuk beendet. »Nicht euer Motor hat gebrannt, sondern die dicke Isolierung«, erklärte er uns. Und bevor wir uns in unserem Schock richtig bedanken konnten, war er auch schon wieder verschwunden. Wir hatten beim letzten Tankstopp vermutlich einen Rest verdünnten Winterdiesels erwischt. Ganz generell war damals der US-Diesel sehr schlecht. Inzwischen ist er wesentlich besser geworden. Nach diesem Schreck mussten wir uns ein paar Tage am Lake Powell erholen. Dort trafen wir zum Glück auf »altgediente« Reisende aus Deutschland, die uns seelisch wieder aufrichteten und auch gute Fahrzeugtipps gaben, wie z.B. den Einbau eines Wasserabscheiders in der Dieselleitung.

Als wir während der zweiten Nordamerikareise den Winter in der mexikanischen Baja California verbrachten, entdeckte Peter bei unserem Hund plötzlich am Bauch eine harte, faustgroße Geschwulst. Sofort fielen ihm die schlimmstmöglichen Diagnosen ein und er überlegte, wie wir wohl am schnellsten nachhause fliegen könnten, denn der Gedanke, einen mexikanischen Tierarzt an seinem Hund herumoperieren zu lassen, versetzte Peter in Panik.

Trotzdem ließen wir uns in La Paz einen Tierarzt empfehlen, der entgegen unserer albernen Vorurteile durchaus kompetent war. Man sah ihm zwar an, dass er anfangs auch Schlimmes befürchtete. Doch dann entdeckte er nach der Rasur des Fells eine kleine Bisswunde, die nicht geblutet, sondern sich entzündet hatte. Ein paar Tage vorher war unsere Eyleen vom Hund eines amerikanischen Nachbarcampers gebissen worden. Die Bisse am Hals hatten stark geblutet und waren im Gegensatz zum Biss am Bauch folgenlos geblieben. Ein kleiner Ritz ließ Eiter und infektiöses Sekret abfließen und eine Spritze – »Von Bayer aus Deutschland«, wie uns der Arzt nicht ohne Stolz erklärte, ließ die Infektion abklingen.

Dass Peter an der Grenze von Texas und Louisiana Eyleens Ball in einen See warf, sie munter hinterherschwamm, und wir erst danach das Schild sahen, das vor Alligatoren im See warnt, lässt uns heute noch das Blut in den Adern gefrieren.

Was war die größte Herausforderung?

Peter: Die größte Herausforderung war ohne Zweifel, den gesamten Hausstand aufzulösen bzw. teilweise einzulagern, die Möbel über Kleinanzeigen zu verkaufen und das Haus zu vermieten. Zum Schluss saßen wir im Wohnzimmer zwischen Kartons und aufgerollten Teppichen auf ausrangierten Campingstühlen. Licht spendete eine alte Stehlampe. Da kam schon mal der Gedanke auf: »Oh Schreck, was haben wir da bloß angefangen!«

Würdet ihr im Nachhinein heute etwas anders machen?

Hildegard: Ja, wir würden jeden einzelnen Tag noch mehr genießen, würden uns täglich ins Bewusstsein rufen, dass es eben doch nicht alltäglich ist, wenn einem vergönnt ist, so viel Schönes zu sehen und zu erleben. Und ich würde mich darum bemühen, die Welt nicht so oft nur durch die Fotolinse zu sehen.

Was habt ihr aus dieser Zeit für euch mitgenommen? (Wie) hat euch das Langzeitreisen verändert?

Hildegard und Peter: Unser Blick für die Schönheit der Natur hat sich geschärft, nicht nur für die großen Highlights, sondern auch für die Pflanze, die sich durch Gestein und Wüste kämpft oder am Wegrand blüht. Auch die Schönheit unserer näheren Umgebung wurde uns bewusster.

Unsere Reisen haben uns auch immer wieder daran erinnert, dass es sich in Deutschland gut leben lässt, mit Krankenversicherung und relativer sozialer Sicherheit. Obwohl Peter immer wieder mal scherzhaft behauptet, dass er im nächsten Leben in Neuseeland zur Welt kommen möchte.

Wo habt ihr euch am wohlsten gefühlt?

Hildegard: Im Grunde immer dort, wo kein Trubel herrscht, abseits der Rennstrecken und der großen Städte, an einsamen Plätzen.

Welche Geheimtipps könnt ihr unseren Lesern mitgeben: Wo ist es besonders schön und noch nicht so überlaufen?

Peter: Das mit den Geheimtipps ist ja so eine Sache. Sobald sie veröffentlicht sind, ist es mit geheim vorbei. Sehr deutlich merkten wir das am Playa el Tecolote bei La Paz in der mexikanischen Baja California. Dort trafen wir mehrere deutsche Wohnmobilbesatzungen, die einzig wegen unserer Schilderung in »Tausend Tage Wohnmobil« diesen Platz angefahren hatten. Aber keine Sorge, dort ist es noch lange nicht überlaufen. Die meisten Camper sind Amerikaner und Kanadier, die lesen diese Geheimtipps nicht.

Auch die einfachen Camps an der Bahía Concepción bei Mulegé kann man getrost als Geheimtipp bezeichnen, ohne dass die Gefahr der Überfüllung droht. Walbeobachtung hautnah erlebt man ab Ende Dezember bis März in der Laguna Ojo de Liebre, wo die Grauwale in der seichten Lagune der mexikanischen Salzgewinnungsanlage ihre Jungen zur Welt bringen.

Ein besonderes Naturerlebnis ist das Naturschutzgebiet »Zentrale Wüste der Baja California« (Parque Natural del Desierto Central de Baja California) mit riesigen Kakteen und bizarren, teils endemischen Gewächsen. Ein Geheimtipp: statt der neuen RV-Parks nahe der Straße, den etwas abgelegenen Rancho Santa Inès anfahren. Auf dem einfachen Platz ohne Strom Wasser und Abwasseranschlüsse campt man ruhiger und kann von hier aus direkt in die unvergleichliche Natur hineinwandern.

Hildegard: Ein weiterer Platz, den wir sehr genossen haben, ist der Senator Wash Lake in der kalifornischen Wüste. Der See, ein Reservoir des Colorado, liegt innerhalb der Longterm Area Winterhaven bei Yuma, Arizona, wo amerikanische und kanadische „Snowbirds“ den Winter verbringen. Für einen relativ geringen Obolus kann man 14 Tage direkt unten am See campen und die Service-Einrichtungen der Longterm Camper benützen. Anfang November, wenn es oben auf dem Plateau noch höllisch heiß ist, steht man unten am See fast alleine, kann herrlich schwimmen, um den See wandern und Wüstentouren unternehmen. Der See und die Long Term Campingarea liegen in Kalifornien, werden aber vom BLM Arizona verwaltet.

Generell ist der Südwesten der USA ein einziges Highlight, leider sind die großen Parks hoffnungslos überlaufen, während man außerhalb der Saison die Parks des Nordwestens ohne Trubel genießen kann.

Neuseeland ist natürlich ebenfalls ein Traumland, da könnte man von Nord nach Süd so ziemlich alles aufzählen. Die Campingplätze des Department of Conservation sind zwar keine Geheimtipps, aber samt und sonders herrlich gelegen, auch der Urewera Nationalpark ist wunderschön und nicht so überlaufen.

Wer Australien bereist, braucht Zeit. Zwischen den großen Highlights liegen oft lange Strecken. Aber wir fanden, Australien muss man »erfahren«. Neben dem Red Center mit dem Uluru, den Katja Tjuta und den Schluchten der MacDonnel Ranges, gefielen uns das südliche Westaustralien, Südaustralien und Victoria besonders gut. Als Highlight empfanden wir auch die Dales Gorge im Karijini Nationalpark, sowie die Pinnacles im Nambung Nationalpark, Westaustralien.

Aber diese Orte liegen alle jenseits der Ozeane, dabei gibt es auch hier bei uns schöne Ecken. Jetzt im Herbst beginnt ja wieder die Wanderzeit. Wie wär’s mit einem Kurzurlaub in der Fränkischen Schweiz? Das reizvolle Mittelgebirge ist mit seinen vielen Stell- und Campingplätzen wohnmobil- und hundefreundlich.

Aktuell seid ihr ja wieder „sesshaft“ – soll das so bleiben, oder ist die nächste Reise schon in Planung?

Peter: Man soll ja niemals nie sagen – aber im Moment genießen wir unser sesshaftes Leben mit allen Sinnen. Immer wenn wir lange Zeit im Wohnmobil unterwegs waren, schätzen wir die eigene Waschmaschine, die Spülmaschine, Duschen ohne dass man überlegen muss, ob noch genug Wasser im Tank ist…

Zwar spukt bei uns noch immer ein wenig die abgebrochene Norwegenreise im Kopf herum, aber vermutlich wird das beim Spuken bleiben, wir werden ja nicht jünger. Unser Wohnmobil ist verkauft, in der letzten Zeit nervte uns der Alkoven.

Außerdem wohnen wir in der Nähe unserer Söhne und freuen uns über unsere beiden Enkelkinder.

Vielen Dank, liebe Hildegard und lieber Peter, für diese wunderbaren Geschichten und Tipps aus eurem ereignisreichen Leben! Wir wünschen euch weiterhin eine erlebnisreiche, gesunde und glückliche Zeit – ganz egal, ob ihr sie im gemütlichen Zuhause oder auf abenteuerlichen Reisen verbringt!

Fotos: (c) Hildegard und Peter Grünthaler

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