Der Unterschied zwischen Komfort und Luxus liegt manchmal nur in kleinen Dingen - bei Wohnmobilen…

Der Hymer Concept Galileo und die Camper-Besichtigung der Zukunft
Wie campen wir in 20 Jahren? Kommt die Grillwurst aus dem Replikator oder gibt es einen CO2-neutralen Fluxkompensator? Die Erwin Hymer Group hat sich da so ihre Gedanken gemacht und mit dem Concept Galileo eine futuristisch aussehende Kabine entworfen, die aussieht wie eine Mischung aus Magnetschwebebahn und Enterprise. Noch ist alles bloß virtuell durch eine VR-Brille erlebbar. Eine Vision, eine Idee. Was zugleich die Frage aufwirft: Wie besichtigen und kaufen wir in Zukunft unsere Campingfahrzeuge?
Indirektes Licht, kaum sichtbare Reifen, eine Sauna und eine ausfahrbare Terrasse. Der Concept Galileo von Hymer spielt mit vielen Gedanken. Und natürlich auch mit unserer ewigen Vorstellung, wie etwas aussehen sollte, das sich in der Zukunft befindet: viel Glas, viele Bildschirme, runde Formen, sensorgesteuertes Licht. Das futuristische Wohnmobil ist eine Leichtbaukabine, die auf einer 6,80 Meter langen und 2,30 Meter breiten Antriebsplattform montiert ist. Statt Fahrersitzen gibt es Luxus-Sessel, in die sich die Reisenden zurücklehnen können, denn der Concept Galileo fährt vollkommen autonom.
Reisen ohne Fahren im Concept Galileo
Fühlt sich also ein bisschen an wie in der Business Class im Langstreckenflugzeug: Es ist saugemütlich aber man hat ein bisschen die Kontrolle über die Maschine verloren. Nach dem Motto „Wird schon gutgehen“ und in völligem Vertrauen auf die Bordtechnik, geht es in den Sommerurlaub. Außerdem soll es eine Menge Screens im Concept Galileo geben. Statt Lenkrad und Kupplung befindet sich vorne eine luxuriöse Sitzecke mit einem Tisch, der eine Karte mit Navigationspunkten anzeigt. So geht „Stadt, Land, Fluss“ beim Campingerlebnis in 20 Jahren!
Die Sitze lassen sich zu später Stunde zu vollwertigen Betten umwandeln.
Fällt der Fahrerbereich weg, ergibt sich automatisch mehr Wohnfläche. Zwei riesige Fensterfronten vergrößern Lichteinfall und Raumgefühl. Nein, das bedeutet nicht, dass man jetzt live vor allen Nachbarn auf dem Campingplatz duschen muss. Denn die Scheiben sind natürlich intelligent und bestehen aus thermochromem Glas, das sich auf Knopfdruck verdunkeln lässt. Außerdem könnt ihr sie komplett nach außen hochklappen. Dann wirkt der Camper so edel wie eine italienische Eisdiele auf Capri mit bodentiefen Fenstern, die bei Sonnenschein einfach zur Seite gefahren werden. Das Dachfenster liefert Hymer mit Fotovoltaikanlage.
Innenausstattung und Antrieb des futuristischen Wohnmobils
Für die weitere Innenausstattung bietet Hymer zwei Möglichkeiten: Eine große Küchenzeile oder eine kleine Kochnische mit zwei weiteren Schlafplätzen. Je mehr Mitreisende, desto weniger luxuriös wird das Essen. Da würde ich mir zweimal überlegen, wen ich mitnehme. Die große Küchenfront kann zusätzlich auf die 5,5 Quadratmeter große Holzterrasse herausgefahren werden. Der öffentlichen Kochshow à la Tim Mälzer steht also nichts mehr im Wege. Und wenn man mal kurz notieren muss, dass der Grillkäse aus ist, kann man das auf der intelligenten Wandfläche, die zugleich auch die Laufzeit der Spülmaschine und die Raumzeit der Romulaner anzeigt.
Das Badezimmer verwandelt sich in eine Wellness-Kabine. Wer mag, kann sich eine Sauna einbauen lassen.
Spannend wird es beim Antrieb des Concept Galileo. Jetzt 50 Liter Diesel in die elegante Raumfähre zu schütten, wäre zumindest schon mal ein Stilbruch. Und auch nicht hilfreich, wenn man sich ernsthaft über das Reisen der Zukunft unterhalten möchte. Hymer hat sich auf einen konkreten Antrieb noch nicht festgelegt, möchte diesen aber auf jeden Fall emissionsfrei gestalten. Möglich sind ein Elektromotor oder eine Brennstoffzelle. Dazu soll es einen Radnabenmotor geben, der die Kraft direkt auf die Räder überträgt.
Camper kaufen mit VR-Brille
Anschauen kann man sich den Concept Galileo derzeit nur durch eine VR-Brille. Für den einen mag das zu abstrakt sein. Er muss das Polster fühlen, eine Probefahrt machen, das Holz riechen. Für den anderen ist es eine neue Art, ein Fahrzeug zu besichtigen. Spezifikationen festzulegen, Farben virtuell auszutauschen, Sitze zu verschieben. „Wir sind uns sicher, dass sich durch Virtual Reality der Kaufprozess von Reisemobilen und Wohnwagen in Zukunft vereinfachen wird“, erklärt die Erwin Hymer Group. „Durch die 360-Grad-Technologie wird es möglich, im Wohnmobil herumzulaufen und Schubladen und Türen zu öffnen. Kunden können so einfacher und schneller über den Grundriss, Möbel- sowie Polstervarianten entscheiden.“
Die Vorstellung, ein noch nicht existentes Fahrzeug zu betreten und reale Pläne zu machen, ist spannend. Vor allem für alle, die schon den Straßenatlas während der Fahrt wild herumdrehen müssen, weil die Vorstellung für Richtungen fehlt. Passt die Spüle noch in die Ecke? Könnte sie nicht auch dorthin versetzt werden, wo jetzt der Klapptisch steht? Wo wir sonst wild mit Zeichnungen und Zollstöcken kämpfen, könnten in Zukunft ein paar Klicks Aufschluss geben. Ob das Fahrzeug dann immer gleich so aussehen muss, wie ein Marsrover, ist eine andere Frage. Denn manchmal ist der Vorhang mit den Gänseblümchen doch viel schöner als die aufklappbare Multimedia-Glasfront.
Einen Kaufpreis gibt es für den Concept Galileo noch nicht. Auch kein Datum, an dem aus dem Papier Realität werden könnte. Dennoch ist es wichtig, Visionen zu haben. Denn selbst wenn nichts sicher ist: Die Zukunft kommt auf jeden Fall.
Fotos (c): Erwin Hymer Group

War schon immer eher Pippi Langstrumpf als Annika. Arbeitet als freie Texterin und Fotografin bei Zeilenaufbruch und liebt Roadtrips überall auf der Welt.
Lieblingsspots: USA und Südeuropa.
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